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„Das klingt ja alles schön und gut. Aber wir haben schon alles probiert. Wir haben Vereinbarungen getroffen. Verträge unterschrieben. NICHTS hat funktioniert.“ sagt ein Vater am Ende meines Vortrags kopfschüttelnd.
Oha.
Darüber möchte ich mehr wissen: „Verstehe. Darf ich fragen, was bei euren Verträgen und Vereinbarungen die Konsequenzen waren? Also, was passiert, wenn der Vertrag nicht eingehalten wird?“
Der Vater lehnt sich zurück: „Najaaaaaaaah. So autoritär möchte ich dann auch nicht sein. Also ich bin jetzt nicht der Vater, der irgendwas verbietet oder wegsperrt.“
Diese Geschichte erzähle ich gerne, denn sie führt uns auf direktem Weg zu einem der häufigsten Gründe, warum Bildschirmzeitvereinbarungen nicht halten:
Grund #1 – Du bist nicht konsequent.
Eine Bildschirmzeit-Vereinbarung durchzuhalten, bedeutet am Anfang viel anstrengende Arbeit.
Ich sag es dir ganz direkt: Du bist jetzt die Handy-Polizei und wachst mit Adleraugen über die Switch, das Tablet und den Laptop.
Das musst du auch. Die Geräte sind nämlich für dein Kind so anziehend, so voller Spaß, Gratis-Dopamin, spannender Spiele und easy-Ablenkung. Dein Kind KANN nicht widerstehen. Das junge Gehirn ist dazu nicht in der Lage.
Wenn eure Vereinbarung keine richtigen Konsequenzen beinhaltet, oder die Konsequenzen nicht durchgesetzt werden, dann merkt dein Kind ganz schnell: ich kann die Vereinbarung auch brechen. Es passiert nichts.
Und du selbst hast nicht immer Lust oder Kraft zum Durchhalten. Dein Alltag ist stressig. Du willst nicht immer der Buhmann oder die Spielverderberin sein. Dein Kind merkt: du meinst es gar nicht ernst. Du fällst um.
3 Wege, die dir helfen, konsequent zu bleiben:
- Du fühlst dich oft schlecht, wenn du auf die Einhaltung bestehst?
Das ist OK.
Auch eine gute Entscheidung, kann sich im ersten Moment schlecht anfühlen. Verwechsle das nicht mit einem schlechten Gewissen. Du hast gute Gründe, warum du nicht 24/7 Bildschirme erlaubst. Erinnere dich dran, wenn es unangenehm wird: du machst das alles aus einem guten Grund! - Was nicht sichtbar ist, existiert nicht.
Die Vereinbarung muss gut sichtbar in einem gemeinsam genutzten Wohnraum platziert werden. Z. B. am Kühlschrank oder in der Nähe des Esstisches. Mach die Abmachung sichtbar, dann kannst du dich bei Bedarf darauf beziehen, oder ihr erinnert euch gemeinsam, was ihr ausgemacht habt. Gerade am Anfang hilft das sehr. - Hol dir Verbündete.
Durchhalten wird leichter, wenn alle mitmachen. Oma und Opa, Onkel, Tanten oder Freunde, mit denen ihr viel Zeit verbringt – erzähl allen von eurer Vereinbarung und bitte sie um Unterstützung.
Grund #2: Eure Vereinbarung gilt nicht für alle im Haushalt
Dein Kind hat 30 Minuten Spielzeit pro Tag, aber die Eltern hängen nonstop am Handy und am Tablet?
Das findet dein Kind nicht fair. Ist es auch nicht.
Das wird nicht funktionieren. Ungleiche Vereinbarungen werden häufig nicht akzeptiert.
„Ich bin erwachsen, ich entscheide das selbst“, „Ich arbeite ja“ oder „Ich organisiere ja unseren Alltag damit“ … es gibt Tausend Ausreden, warum Eltern finden, dass Sie von der Vereinbarung ausgenommen sein sollten.
Alles Bullshit.
Die unangenehme Wahrheit ist: Egal was du am Gerät machst, du hast dir wahrscheinlich selbst eine unregulierte Nutzung angewöhnt. Damit bist du jeden Tag das Medien-Vorbild für dein Kind. Solange du nicht mitmachst, ist die Chance, dass eure Vereinbarung hält, sehr gering.
Mit diesen 4 Schritten trefft ihr eine faire Vereinbarung:
1.) Handyfreie Zeiten (z. B. vor dem Schlafengehen) oder Zonen (am Esstisch, in den Schlafzimmern) gelten für alle.
2.) Die Vereinbarung enthält auch Konsequenzen für die Eltern.
3.) Die Eltern müssen auf einer Linie sein. Sprecht nicht nur über die Geräte, sagt euch auch, was euch im Zusammenleben und in der Kommunikation zuhause wichtig ist.
4.) Lass dein Kind mitreden und Vorschläge für Regelungen und Konsequenzen machen.
Grund #3: Du regulierst nur die Zeit, kennst aber die Apps und Spiele nicht
„Mama, du bist so oldschool. Du kennst dich nicht aus.“ sagt die 12-Jährige zu ihrer Mutter, die sich über die lange Handyzeit beschwert. Und sie hat Recht.
Worüber reden wir hier eigentlich?
Was willst du vereinbaren oder verhandeln, wenn du nicht weißt, was Sache ist?
Für eine sinnvolle Vereinbarung auf Augenhöhe ist es wichtig, dass du zumindest grundlegend weißt, WAS du regulierst.
Mit diesen 2 Schritten lernst du die digitale Welt von deinem Kind besser kennen:
- Lern das Spiel kennen.
Lass es dir zeigen, spiel eine Runde mit. Dann zeigst du deinem Kind nicht nur, dass sein Hobby einen Platz bekommt. Du findest auch den Punkt, an dem ein Spiel gut unterbrochen werden kann, ohne dass es zu Frust, Streit und Diskussionen kommt – ein ganz wichtiger Punkt, wenn es um Spielzeit geht. - Das gleiche machst du bei sozialen Netzwerken.
Wenn dein Kind auf TikTok, Insta oder SnapChat ist, dann bist du es auch. Die App verliert dadurch schnell den Zauber für dein Kind, und ihr habt eine Menge neuer Gesprächsthemen.
Du musst verstehen, was dein Kind da tut, und warum das so wichtig ist. Erst dann hast du eine taugliche Gesprächsbasis für eine gute Vereinbarung.
Zum Schluss noch die 3 unangenehmen Wahrheiten:
Ja, das kostet Zeit.
Ja, das kostet Kraft und Nerven.
Und nein, es wird sich nicht immer super anfühlen.
Aber ich verspreche dir: Es ist wirklich GUT investierte Zeit. Wenn du diese Schritte berücksichtigst, wirst du nicht nur bessere Vereinbarungen treffen, sie werden auch halten. Und je länger du durchhältst, desto einfacher wird es für euch alle. Die Kraft und Nerven, die du am Anfang für die Vereinbarung und zum Durchhalten brauchst, wirst du dir später sparen.
Die 3 Wege und 6 Schritte stammen aus dem Abschnitt „Gewohnheiten ändern“ aus dem Online-Kurs „Smartphone Fit Family“.
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