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In meinem Webinar „Handysucht und psychische Gesundheit“ letzte Woche, hat eine Pädagogin im Anschluss von einem Smartwatch-Erlebnis in der Schule erzählt. Ich war schon länger nicht im Schulunterricht ;), um mir ein Bild zu machen habe ich daher das Twitter-Lehrerzimmer #twlz befragt, und für euch eine Checkliste mit den 3 wichtigsten Fragen, die du dir stellen solltest, bevor du deinem Kind eine Smartwatch kaufst.

Die Pädagog:innen erzählen, dass die Smartwatches die Kinder ablenken. Sie finden aber besonders, dass man gerade die Eltern selbst vor Smartwatches schützen muss:

Kinder tun sich schwer zu unterscheiden, was wichtig ist und was nicht. Oder was ein Notfall ist, und was nicht.

Den ganzen Austausch könnt ihr hier auf Twitter nachlesen.
Mich hat das Thema seitdem nicht losgelassen und ich habe nach Tipps über Smartwatches gesucht. Und ich war überrascht, als ich festgestellt habe, dass die meisten Ratgeber von dem Standpunkt aus argumentieren „Smartwatches sind super, Spielgeräte, toller Einstieg in die digitale Welt, vor allem für jüngere Kinder!“

Smartwatches für Kinder

Mit den Infos aus dem Austausch mit den Lehrerinnen, Erfahrungen, die Eltern mit mir geteilt haben, und mein Wissen zu Datenschutz und Tracking, habe dir eine Checkliste erstellt.

In 6 einfachen Schritten lernst du

  • die 3 wichtigsten Fragen, die du dir stellen solltest, bevor du deinem Kind eine Smartwatch kaufst.
  • worauf du bei Funktionen wie Tracking und Überwachung aufpassen musst, und ich gebe dir 2 Empfehlungen für einen vertrauensvollen Umgang mit diesen Themen.
  • 4 Situationen aus dem Alltag, für die ihr euch den Umgang mit der Smartwatch klar ausmachen solltet
  • 8 Möglichkeiten mit denen du vermeiden kannst, dass die Smartwatch am Handgelenk zur Dauerablenkung wird.
  • 7 Tipps, worauf du beim Kauf einer Kinder-Smartwatch achten kannst, damit sie alle wichtigen Funktionen enthält, ihr sie aber für euren Bedarf einstellen könnt.
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Mit der Checkliste erhältst du auch mein monatlichen Smartphone-Coaching per E-Mail. Du kannst dich jederzeit mit einem Klick abmelden. 

Abseits von Smartwatches für Kinder noch ein paar Worte für die Erwachsenen.

Ich bin selbst kein Fan von Smartwatches. Das ist dir schon aufgefallen.
Ich sag dir, warum:

Perfektionismus und Selbstoptimierung

„Das Internet versorgt uns mit Zielen, von denen wir früher gar nicht wussten, dass man sie haben kann“, schreibt Adam Alter in „Unwiderstehlich – Der Aufstieg suchterzeugender Technologien und das Geschäft mit unserer Abhängigkeit“
Zählst du auch schon deine Schritte am Handgelenk?
Was tust du am Abend, wenn du dein Schritt-Ziel nicht erreicht hast, aber überall warst, wo du hinwolltest?
Oder zählst du die täglichen Kalorien in der Ernährungs-App?
Meine Fitness-App wollte, dass ich mir ein Wochenziel setze.
Ich erreiche es meistens nicht.
Ich warte ja auf den Tag, an dem die Fitness-App das meiner Gesundheitsversicherung petzt und mein Beitrag steigt..
Wozu das Ganze?

Die Erfindung der modernen Zielsetzung

Hast du gewusst, dass „Perfektionismus“ und das ständige Setzen von immer höheren Zielen eine Erfindung des 20. Jahrhunderts ist? Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Vorkommen dieser Themen in der englischsprachigen Literatur untersucht hat.* Sich Ziele zu setzen, die nicht vorrangig das Überleben sichern, begann demnach in den 1950ern. Ein starker Anstieg ist seit den 1980ern zu sehen. Perfektionismus hinterließ die ersten Spuren um 1920, ebenfalls seit den 1980ern stark ansteigend, extrem seit den 2000ern.

Egal, ob du Schritte zählst, oder deine Laufstrecke postest, oder ob dein Ziel „Inbox-Zero“ (keine E-Mails im Posteingang) lautet. In deinem Gehirn verursacht das hauptsächlich eines: Stress.
Das wird häufig vergessen: die ständige Selbstbeobachtung und Selbstvermessung kann viel Stress erzeugen und beinhaltet ein gewisses Suchtpotenzial.

Ich bin kein Fan von Stress.
Unsere superschnelles Leben erzeugt schon genug Stress. Auch ohne Smartwatch.
Und die Dinger sammeln RICHTIG VIELE Daten. Mehr dazu unten bei „Sensible Daten“.

Meine Empfehlung: falls du keinen RICHTIG GUTEN Grund hast (siehe unten), dann überleg dir gut, ob du dir selbst so einen Kasten ans Handgelenk hängst. Oder ob es nicht vielleicht ausreicht, dass du dein Handy den ganzen Tag griffbereit in der Tasche hast.

Richtig gute Gründe für eine Smartwatch

Du hast eine ernste, medizinische Konstitution, die es erfordert, dass deine Vitalwerte laufend überwacht werden. Die Daten und Erinnerungen der Uhr sind für dich lebensnotwendig, die Smartwatch verbessert eventuell deine Lebensqualität und hilft beim Mitdenken.

Du bist ein Silver-Surfer oder Golden-Ager 😉 und lebst allein, und möchtest sicher gehen, dass du Hilfe holen kannst, falls dir etwas passiert. Im Notfall zeigt das GPS, wo du bist und du kannst über die Telefonfunktion Hilfe holen.

Du bist Extremsportler, Alpinist, gehst häufig viele Stunden allein in den Wald oder hast ein anderes gefährliches Hobby, das du in unwegsamen Gelände gerne alleine ausführst. Die Smartwatch mit GPS wird dir vielleicht irgendwann dein Leben retten. Nimm eine, die wasserdicht ist, mit langer Akkulaufzeit.

Sensible Daten

Spaß beiseite, hier geht es um sensible Daten: Smartwatches, Fitnessarmbänder, smarte Sportuhren, sie alle gehören zur Gruppe der sogenannten „Wearables“. Das sind Computersysteme, die direkt am Körper getragen werden. Um ihre Funktionen zu erfüllen, z.B. Schritte zählen, den Schlafrhythmus optimieren, beim Abnehmen helfen, den Bluthochdruck senken, Kalorien zählen, die Ausdauer verbessern … nutzen sie Daten. Deine digitalen Körper- und Bewegungsdaten werden in Kombination mit deinem Namen, Alter, Gewicht und deiner E-Mailadresse zu einem hochsensiblen, medizinischen Datenprofil.

Pass auf deine Daten auf!

Rechtlich ist die Lage klar: personalisierte Gesundheitsdaten gehörten zur höchsten Datenschutzklasse (Europäische Datenschutzgrundverordnung). In der Praxis kaufst du eine Smartwatch, legst ein Benutzerkonto an und drückst schnell auf „Datenschutzerklärung akzeptieren“ – andernfalls funktioniert das Gerät wahrscheinlich nicht. Wozu du zustimmst, hast du wahrscheinlich nicht genau gelesen (zu viel Text, keine Zeit, keine Lust, wird schon passen…)

Worauf du bei allen Wearables achten solltest

  • Erkundige dich beim Kauf, ob der Hersteller die Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung garantiert (manche tun das). Mach dich schlau, welches Gerät möglichst flexible Einstellungsmöglichkeiten hat. Kann man einzelne Funktionen deaktivieren? Oder trackt das Gerät immer alles?
  • Eine gute Grundhaltung ist immer: „so wenige persönliche Daten wie möglich, nur so viele wie nötig.“ Überleg dir gut, welche persönlichen Daten du angibst, und ob das wirklich notwendig ist. Für die meisten Funktionen ist wahrscheinlich kein realer Name notwendig. Eventuell kannst du dir für dein Gerät eine eigene E-Mailadresse einrichten, die keinen Rückschluss auf deine Person zulässt.
  • Sieh dir an, wo der Anbieter die Daten speichert. Es macht einen großen Unterschied, ob du zur Datenspeicherung in der EU (geschützt durch DSGVO) oder zur Datenspeicherung in den USA oder einem anderen Drittland außerhalb der EU, zustimmst.
  • Versichere dich, dass deine Daten das Gerät nicht ohne deine Zustimmung verlassen.
  • Achtung bei kostenlosen Angeboten: wenn das Angebot kostenlos ist, bist wahrscheinlich DU (deine Daten) das Produkt.
  • Schau in den Einstellungen nach, welche Berechtigungen die Apps oder Funktionen erhalten. Deaktiviere alle Berechtigungen, die nicht jederzeit erforderlich sind.

Kostenlose Checkliste, die dir bei der Entscheidung hilft, ob du deinem Kind eine Smartwatch besorgen solltest.

Die erste Fragen aus meiner Checklist, gilt eigentlich für alle Smartwatch-Benutzer:innen:

  • Was bringt dir das Gerät? Was tut es für dich?

Und ich empfehle dir auch den Schritt 5, falls du überlegst, selbst eine Smartwatch zu tragen. Dieser Schritt führt dich in einigen Fragen durch deinen Alltag, und hilft dir, das Gerät richtig einzustellen.

Bevor du deinem Kind eine Smartwatch kaufst, empfehle ich dir, ein paar Fragen für dich und dein Kind zu beantworten. Z. B. „Warum ist dir wichtig, dass dein Kind eine Smartwatch trägt? Wobei hilft sie euch im Alltag?„. Hol dir meine gratis Checkliste, du findest darin auch Fragen, die du dir als Elternteil überlegen solltest, z. B. welche Mechanismen zur Kontrolle, Überwachung oder Tracking die Uhr enthält, und 2 Empfehlungen wie du diese Themen vertrauensvoll angehst:

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Mit der Checkliste erhältst du auch mein monatlichen Smartphone-Coaching per E-Mail. Du kannst dich jederzeit mit einem Klick abmelden. 


*Quelle: „Unwiderstehlich“ von Adam Alter, S. 111.

Smartwatches: Fluch oder Segen? Inklusive Checkliste, die dir bei der Entscheidung hilft, ob du deinem Kind eine Smartwatch besorgen solltest.
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