Aktuell wird in vielen Medien der „Fall Anna“ besprochen:
Mehrere Jugendliche waren wegen unterschiedlicher Sexualstraftaten an einer 12-Jährigen angeklagt. Und wurden freigesprochen.
In den Berichten zum Fall steckt ein Thema, das mehr Beachtung braucht:
Kinder, die online harte Pornografie konsumieren.
Im aktuellen FALTER bzw. FALTER Radio erklärt Christina Salzborn, Mediensprecherin des Wiener Landesgerichts das Urteil. Das Interview verlinke ich dir ganz unten.
Sie erwähnt ein paar Details zu den Angeklagten und deren Medienkonsum, unter anderem erklärt sie:
„Das ist nicht mehr die Situation der 1980er-Jahre, in denen man mit roten Ohren im Bravo-Heft die Dr. Sommer-Seite las. Heute konsumieren Kinder und Jugendliche dank Internet und sozialen Medien teilweise schon in sehr jungem Alter Pornografie. In einem Alter, in dem das früher kaum vorstellbar gewesen wäre.“
Es ist auch nicht mehr wie früher, als es in der Videothek den „ab 18“-Vorhang gab. Wo es zwar Pornos gab, aber in einem kuratierten, geschützten Bereich.
Einer der Angeklagten gab an, dass er bereits mit 8 Jahren Pornos konsumierte.
Lassen wir diesen Extremfall beiseite:
Das Einstiegsalter für den ersten Porno liegt bei Kindern heute zwischen 11 und 13 Jahren. Absichtlich, aus Neugierde oder unabsichtlich.
Porno-Konsum in jungen Jahren kann Jugendliche in ihrer körperlichen, sozialen und psychischen Entwicklung stark beeinflussen.
Was passiert mit jungen Menschen, die extrem früh beginnen, Pornos zu schauen?
„Wenn das Sex ist, will ich das niemals haben!“
- Sie orientieren sich an körperlichen Vorbildern, die nicht der Realität entsprechen.
- Das Kennenlernen der Sexualität passiert mit Inhalten und Praktiken, die jungen Menschen (bisher) nicht geläufig waren. Die mit ersten Sexualkontakten in der Jugend und vorsichtigem Erkunden und Kennenlernen nichts zu tun haben.
- Sie entwickeln ein misogynes Frauenbild. Ein großer Teil der Inhalte ist illegal produziertes Material, verknüpft mit Prostitution und Menschenhandel. Der Umgang mit Frauen in den Videos kann das eigene Sozialverhalten prägen.
- Bei jungen Mädchen, die Pornos konsumieren, werden zwei Dinge beobachtet: Die einen, die sich abwenden, und sagen: „Wenn das Sex ist, will ich das niemals haben.“ Und die anderen, die sich in die „Rolle“ fügen, sich mitunter darauf vorbereiten und zu extremen Praktiken Ja sagen.
- Sie stumpfen ab.
Wenn Junge Menschen sich über längere Zeit extremen pornografischen Inhalten aussetzen, kann die Reizüberflutung zur Überreizung führen. Normale sexuelle (reale) Reize reichen dann nicht mehr aus. Der Extremfall heißt „Pornografie Nutzungsstörung“ oder umgangssprachlich: „Online Pornosucht“. Im ICD-11 schon offiziell als Diagnose aufgenommen. Betrifft eher junge Männer. Potenzstörungen Anfang 20 und so.
- Sie verinnerlichen den Zusammenhang zwischen Sex und Gewalt und „lernen“, dass das zusammengehört. Zum Beispiel Analsex und Würgen als gängige Praktiken.
Offene Geräte sind das gratis Pornoland, zu dem wir ihnen Zutritt geben. Ohne Kontrolle. Alles frei verfügbar.
Auf Handys, Tablets, Schulgeräten, PCs.
Nur etwa 3% der Pornoseiten fragen Nutzer:innen überhaupt nach dem Alter.
Was aber egal ist. Weil man einfach weiterklicken kann.
Das muss dir klar sein, wenn dein Kind das Internet nutzt.
Sprich zuhause darüber.
„Ich habe keine Ahnung, wie ich das zuhause ansprechen soll.“
Sagen mir Eltern regelmäßig, wenn ich das Thema bei einem Vortrag anspreche.
Keine Panik, es gibt Unterstützung.
Der Verein Safer Surfing stellt euch zu diesem Thema kostenlos Unterlagen zur Verfügung. Ich habe mit Katharina Marshall gesprochen. Sie beatwortet Fragen wie: „Wie soll ich das zuhause ansprechen?“, „Schauen Mädchen Pornos?“ oder „Wie sollen Eltern reagieren, wenn sie merken, dass ein Kind einen Porno gesehen hat?“
Hier geht’s weiter zum Interview und zu den Downloads:

Mehr über radikale und extreme Inhalte im Netz
Alpha-Males, Tradwifes, Incels und Stay-at-home-girlfriends – welche aktuellen Trends du kennen solltest und welche problematischen Inhalte sie verbreiten.
Und: Wo sich radikale politische und religiöse Gruppen im Netz aufhalten, wie sie agieren und wie sie mit Jugendlichen in Kontakt treten.

FALTER Radio „Fall Anna – Skandalurteil oder Rechtsstaatlichket?“