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In Niederösterreich wird kommenden Sonntag gewählt. Ein guter Zeitpunkt, um sich das Thema “Wahlwerbung am Smartphone” etwas genauer anzusehen.
Dazu muss ich zuerst etwas ausholen und ein paar Kniffe aus der Marketing-Trickkiste erklären. 

Werbung am Smartphone hat viele Gesichter

Handys sind nicht werbefrei. Ganz im Gegenteil, sie sind eine Marketing-Großkampfzone! Instagram-Feed, Facebook-Timeline, auf Websites, Apps, in Spielen, im Email-Postfach, Chat-Gruppen, Facebook-Gruppen, zwischen den Videos auf YouTube, in Suchmaschinen. Es gibt praktisch keine werbefreie Zone im Smartphone. 

Viele Inhalte in sozialen Medien oder im Suchergebnis sind als “gesponsert” gekennzeichnet. Dabei handelt es sich um Werbeanzeigen, die bezahlt geschaltet werden. An dieser Kennzeichnung leicht als Werbung zu erkennen. Aber Werbung kommt am Handy auch über viele andere Wege: 

  • “Interessanter Artikel” – ein kurzer Hinweis und Link über den Chat von einer Bekannten oder einem Familienmitglied. Beim Weiterleiten von Links bekommt eine Werbung Unterstützung durch eine persönliche Empfehlung.  
  • “Anna und Peter gefällt die Seite “xyz..” – Facebook zeigt mir Seiten, die meinen Freund:innen gefallen. Die Chance ist hoch, dass ich sie auch mag. 
  • “Vorschläge für dich” – Instagram, Facebook und TikTok haben eine “für dich” Rubrik im Feed. Dort bekommst du Inhalte, die anhand deiner Nutzungsdaten für dich vom Algorithmus ausgewählt werden.
  • “Hallo ihr Lieben, ich bin’s wieder eure ..” – Werbung verpackt in einem persönlichen Influencer-Erfahrungsbericht. 

Werbung ist nicht immer als Werbung gekennzeichnet

Um Werbung im Internet zu verstehen, ist eine Unterscheidung wichtig:
Online-Marketer sprechen von “organischen Inhalten”, und meinen damit unbezahlte Inhalte, die über Websites oder Social Media verbreitet werden. Sie verbreiten sich “auf natürlichem Weg”. Das bedeutet, der Artikel enthält die richtigen “Suchwörter” um gut gefunden zu werden,  Menschen finden den Artikel interessant, interagieren damit (Kommentieren, liken, teilen). Der Algorithmus merkt, dass es sich um einen beliebten Inhalt handelt, und verstärkt die Verteilung in interessierten Gruppen. Diese Inhalte sind in der Regel nicht als Werbung gekennzeichnet. Willkommen im Content-Marketing! Inhalte, die nicht nach Werbung klingen oder aussehen, aber einen Werbezweck verfolgen.

Die zweite Art ist der “bezahlte Inhalt”, ein Anzeigenformat (Bild, Text, Video…) in Form einer Werbung am Rand einer Website oder als Posting in Social Media. Eine bezahlte Anzeige, geschaltet auf eine sehr genau ausgewählte Zielgruppe. Ausgewählt anhand der Daten, die Suchmaschinen, soziale Netzwerke und Apps über uns sammeln. 

Die Steuerungsmöglichkeiten erlauben in der Onlinewerbung eine Kombination der beiden Vorgehensweisen innerhalb einer Werbekampagne. Es kann sein, dass du 3 oder 4 Inhalte nacheinander siehst. Und erst der letzte sieht aus wie Werbung.

Wenn ich dich will, kriege ich dich mit meinen Anzeigen!

Ich erkläre in den folgenden 3 Schritten, wie moderne Online-Werbung funktioniert. Stellen wir uns vor, ich bin Reiseveranstalterin und will einen Kurztrip nach Wien verkaufen

Schritt 1: Aufmerksamkeit, Interesse wecken, Interaktionen anregen
Ich schreibe einen Blog-Artikel über Streetfood und Märkte in Wien. Viele tolle Tipps, großartige Fotos, das macht richtig Lust auf einen Besuch. Ich verteile den Artikel über mein I love Vienna – Instagram-Konto mit vielen Followern mit passenden Reise-Hashtags. Der Artikel wird gut geklickt und geteilt, der Blog bekommt viel Aufmerksamkeit.  

Schritt 2: Ich schalte eine Werbekampagne auf Instagram und Facebook und wähle als Zielgruppe Menschen aus, die mit diesem Blogartikel interagiert haben. Und vielleicht auch noch “Menschen, die so ähnlich sind, wie die, die mit meinem Artikel interagiert haben.” Ich schließe Menschen aus, die in Wien oder in Ost-Österreich wohnen (Ja, das geht.) Die bekommen jetzt als nächstes eine Werbeanzeige mit einem Video, in denen man ein tolles Genuss-Erlebnis in Wien sieht. Z.B. Eine bekannte Köchin nimmt uns mit auf ihre private Einkaufstour und zeigt “ihr Wien”. Wir kochen gemeinsam und speisen feudal mit Wahnsinns-Blick auf die Donau (oder so ähnlich). Ihr flippt aus, das wollt ihr auch erleben, irre! Beim Ansehen der Bilder wirst du fast etwas neidisch auf mein Leben.

Schritt 3: Du hast das Video bis zum Ende angesehen, das sehe ich in meinem Analyse-Programm (Tjo.) Daher bekommst du als nächste Anzeige ein Angebot für ein verlängertes Wochenende in Wien, Zimmer, Frühstück im coolen Deli am Donaukanal, inklusive Genuss-Tour auf den Wiener Märkten und exklusivem Cook & Dinner-Abend mit der bekannten Köchin. Wenn du gleich noch Bekannte per E-Mail einlädst oder das Angebot auf Instagram teilst, schicke ich dir einen 10%-Gutschein für deine Buchung.

Verrückt, denkst du, als du das Wochenende buchst (perfektes Geschenk zum Geburtstag für deine Partnerin nämlich, der zufällig kurz bevor steht). Als wüssten die genau, was ich brauche! 

Lass dir nichts vormachen. Ich weiß genau, was dir gefällt und was du willst. Du bist schon seit ein paar Monaten Follower meiner Insta-Seite. Ich produziere absichtlich und hochprofessionell Inhalte für Leute, wie dich. Du hast auf Facebook deinen Beziehungsstatus angegeben und dich mit deiner Partnerin verbunden. Ich weiß, seit wann ihr ca. zusammen seid, wann euer Hochzeitstag war (danke, Lebensereignisse und Hashtags 😉 ) und dass ihr gerne City-Trips mit ausgedehnten Fressgelagen macht. Und dass ihr die Kohle dafür habt. Mein Analytics sagt nämlich, du hast ein neues iPhone und dein Insta-Feed sagt, du warst letztes Jahr in Buenos Aires und auf Bali. Mit #streetfood natürlich. Und mit deiner Partnerin. Ihr taggt euch immer gegenseitig auf gemeinsamen Fotos. #cute <3 

Die beste Werbemaschine der Welt 

Egal, ich hab eh nichts zu verbergen! Äh, nicht ganz. Wenn deine Daten dazu verwendet werden, um dir eine geile Reise unterzujubeln, freust du dich. Eh klar, Volltreffer. Ist doch ein Vorteil, oder? Besser, als lauter Reisewerbung, die dich nicht interessiert. Ja.

Jede politische Partei oder politisch ausgerichtete Organisation, die Facebookseiten und Instagram-Profile betreibt, kann auf die gleichen Daten und die gleichen Mechanismen zugreifen. Und jetzt wird es spannend. 

Wahlwerbung nach Maß

Die Plakat-Kampagnen, die von Parteien gerne zum offiziellen Wahlkampfstart mit Pressekonferenz und viel Aufmerksamkeit präsentiert werden, sind heute nur noch ein Bruchteil der Wahlwerbung. Schon lange Zeit vor dem offiziellen Wahlkampf und während der Wahlkampfzeit sind große Mengen an Botschaften, Bildern, Videos unterwegs, die auf der Straße und in offiziellen Präsentationen nicht vorkommen. 

Sie zielen auf bestimmte Zielgruppen ab, und durch die Steuerungsmöglichkeiten wird zu einem sehr hohen Prozentsatz sichergestellt, dass nur diese Gruppe die Werbung sieht. 

  • Du bist über 60 und ein:e Tierfreund:in? In der Anzeige für dich ist ein Foto mit Haustier und eine Tier-Anspielung im Text das richtige.
  • Du hast 2 oder 3 Kinder und lebst in einem ländlichen Bezirk? Du bekommst die Familien-Werbung, am Bild sind Elternteile und Kinder zu sehen, die Themen auf deinen Anzeigen sind gestiegene Lebenshaltungskosten, Energiepreise, Teuerung, Bildung leisten können.
  • Du bist vor 15 oder 25 Jahren nach Österreich gekommen und hast dir hier ein neues Leben aufgebaut? Du bekommst die Anzeige für Menschen, die wir gut finden, weil Sie ihren Beitrag leisten! Du wohnst seit 40 Jahren in einem Wiener Bezirk mit hoher Zuwandererquote, und hast Angst vor Fremden? Du bekommst die Werbung mit Forderungen nach strengen Gesetzen.

Werbebeispiele mit (1) Video der Kranzniederlegung zum Gedenken an die Verteidiger Wiens bei der Türkenbelagerung 1683, epische Hintergrundmusik, kombiniert mit vielen katholischen Motiven. (2) Anspielung auf bevorstehende Herren-Fußballspiele mit österreichischen Top-Spielern. Anzeigen österreichischer Parteien auf Facebook und Instagram im Herbst 2020 (Screenshot aus der Meta-Ad-Library, 23.1.23)

Texte, Bilder und Videos können für ganz bestimmte Zielgruppen aufbereitet werden, und die Chance, dass sie jemand anderer als genau diese Leute sieht, ist sehr gering. Die gleiche Organisation oder Gruppe kann parallel online extreme und radikale Positionen für die Einen verbreiten, Und gleichzeitig entspannte, ganz gemäßigte Messages für die große Mehrheit auf der Straße plakatieren. Da, wo jede:r vorbeigehen kann. 

Ich zeige dir, was du magst und sage dir, was du hören willst

„Ja, aber. Ich entscheide immer noch selbst!!“ sagst du mir jetzt. „Vor allem, wen ich wähle. Ist doch lächerlich. Wie soll das gehen?“
Über Emotion. Und über Vertrauen.
Dank deiner Daten weiß ich ja schon einiges über dich. Unter anderem auch, was du super findest, was dich nervt und was dich aufregt. Ich habe es auf die stärksten Emotionen abgesehen: Liebe, Lachen, Hass. Daraus baue ich meine Anzeigen, Texte, Bilder und Videos zusammen. Über dein Netzwerk schließe ich darauf wo du wohnst oder was du arbeitest, vielleicht auch wie du ausgebildet bist. Daran passe ich meine Sprache an.
Wozu das führt?
Wenn du meine Werbung liest, hast du nicht das Gefühl, dass es sich um Werbung handelt. Deine Gedanken sind viel mehr:
„Endlich jemand, der meine Sorgen versteht.“ Oder „Ja genau, das habe ich mir auch schon oft gedacht!“ oder „Wird auch Zeit, dass sich jemand dieser Sache annimmt.“ In meinen Geschichten findest du dich, dein Leben und deine Gedanken und Gefühlswelt wieder.

Wir sind uns ähnlich. Menschen mögen ähnliches.

Du beginnst mir zu vertrauen.

Jetzt hab ich dich.

Online-Wahlwerbung ist extrem genau, effizient und billig

Im Vergleich zu TV-Spots, Plakaten auf der Straße oder Anzeigen in Zeitungen, ist Online-Werbung extrem billig. Schon für ein paar Hundert €uro kann ich in sehr kurzer Zeit mit ganz geringem Aufwand viele tausend Menschen erreichen. Mit kleinen Beträgen kann ich das ganze Jahr lang Werbung laufen lassen, und Aufmerksamkeit und Kontakte für meine nächste große Kampagne sammeln. Und das passiert auch. Nennt sich „always on“.

Die schlauen Werbe-Tools helfen mir auch, meine Kampagne zu verbessern. Sie liefern automatische Tests, sagen mir, welches Bild, welches Video oder welcher Text “am besten klickt” und optimieren mein Budget auf das beste Ergebnis.
Online-Werbung ermöglicht mehrfache Kontakte mit der gleichen Person. Wenn jemand reagiert, kann ich der Person mehr Werbung schicken. Das erhöht die Wirkung und Bindung. Geile Sache für eine Wahl. 

Kampagne einer österreichischen Partei. Jeder Ort bekam eine Anzeige mit dem eigenen Ortsnamen. Maximale Bindung. (Screenshot aus der Meta-Werbebibliothek, 23.1.2023)

Online Wahlwerbung ist nicht wirklich kontrollierbar (DON’T try this at home 😉 )

Mit einem Meta-Business-Account kann praktisch jede:r ein Werbekonto eröffnen und Werbung zu jedem Thema schalten. Konten, die Werbung für politische Zwecke schalten, werden zwar über einen eigenen Registrierungsweg gesondert erfasst. Die Anzeigen bekommen im Feed den Zusatztext “Finanziert von…”. Meta wirbt auch mit “regelmäßigen Kontrollen”. Die Menge an Wahlwerbung in der Welt ist realistisch schon lange nicht mehr kontrollierbar. Als Transparenzinitiative gibt es seit einigen Jahren die “Meta Ad Library” (früher: “Facebook Ad Library”). Eine Seite, auf der Werbung von Facebook- und Instagram-Accounts verfolgt werden kann.  

Allein für Österreich gibt die Ad-Library seit April 2019  300.322 Werbeanzeigen zu “Wahlwerbung bzw. Werbung zu politisch oder gesellschaftlich relevanten Themen” an . Dafür wurden in nicht ganz 4 Jahren knapp 16 Millionen Euro ausgegeben.  

(Screenshot aus dem Meta-Werbebericht für Österreich am  23.1.2023)

Ein zusätzliches Erschwernis ist, dass Budgets auf mehrere Accounts verteilt werden können. Es gibt keinen Überblick über registrierte Werbekonten und Seiten auf Instagram oder Facebook. Netzwerke aus mehreren Seiten und Konten sind nicht so einfach erkennbar. Eine offizielle Seite kann z.B. in der Ad-Library ein sehr kleines Budget ausweisen, während Anzeigen über eine andere, nicht so bekannte Seite laufen und durch eine andere Stelle finanziert werden. 

Uffz, nicht ohne, oder?

Diese Art der Werbung ist der Grund, warum ich Smartphone Coach gegründet habe. Ich möchte, dass diese Mechanismen bekannt sind. Und dass Menschen wissen, wozu ihre Daten verwendet werden können. 

Andrea Buhl-Aigner, Smartphone Coach

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“Die beste Werbemaschine der Welt”, darin erzähle ich dir:

  • Wie Online-Werbung dich zum Klicken, Lesen, Kaufen, Spenden und Wählen bringt. Mit deinen eigenen Daten als Grundlage.
  • Was mit deinen Daten passiert, und wer aller darauf Zugriff hat.
  • Welche Mechanismen und Tools in der Online Werbung ganz legal täglich von Firmen, Organisationen und Parteien in Österreich genutzt werden. 
  • Wie professionelle Werbung im Internet Psychologie und Design anwendet, um deine Aufmerksamkeit zu bekommen und dein Vertrauen zu gewinnen.
  • Du kennst danach die besten kostenlosen Recherche-Tools, die du selbst nutzen kannst, um dich zu informieren.
  • Du weißt, welche Vorkehrungen du in deinen Konten, Accounts und Geräten treffen kannst, um deine Datenspur möglichst gering zu halten.

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